#106 - Warum Emotionen mehr zählen als Disziplin

4 Gedanken, wenn du nicht ins Tun kommst

 

Kennst du das? Du willst endlich anfangen – aber irgendwie klappt es nicht. Stattdessen erledigst du plötzlich alle möglichen anderen Dinge, fühlst dich unruhig oder findest immer wieder Gründe, warum es gerade nicht passt.

 

Das liegt selten an Faulheit, sondern oft an versteckten Blockaden. Hier sind vier Gedanken, die dir helfen, dich selbst besser zu verstehen – und ins Tun zu kommen.

 

1. Du bist nicht unmotiviert – du bist überfordert.

 

Wenn eine Aufgabe riesig oder unüberschaubar erscheint, reagiert dein Gehirn mit Stress – und blockiert den Start. Der Trick: Mach den ersten Schritt so klein wie möglich. Statt „Ich schreibe die Hausarbeit“ → „Ich öffne das Dokument und schreibe die Überschrift.“

 

2. Du wartest auf den richtigen Moment – aber der kommt nicht.

 

Vielleicht hoffst du darauf, dass sich irgendwann dieser Flow-Moment einstellt, in dem alles leicht geht. Doch oft entsteht dieser erst durch das Tun – nicht davor. Und meist sieht das, was du an einem schlechten Tag zu Papier bringst, am nächsten Tag viel besser aus oder bildet zumindest eine gute Grundlage für den Einstieg.

 

3. Dein Körper sendet Signale – doch du interpretierst sie falsch.

 

Müdigkeit, Hunger, Unruhe – sind das echte Bedürfnisse oder Ausweichmanöver? Manchmal ignorieren wir, was wir wirklich brauchen (Schlaf, frische Luft, Bewegung). Manchmal verwechseln wir aber auch Widerstand mit Erschöpfung und denken: „Ich bin zu müde, um anzufangen.“ Hier hilft es, genau hinzuspüren: Brauche ich wirklich eine Pause – oder fühlt es sich nur so an, weil die Aufgabe unangenehm ist?

 

4. Du denkst zu weit – aber du musst nur starten.

 

Oft blockieren uns Gedanken an das große Ganze: „Das wird ewig dauern“ oder „Was, wenn ich scheitere?“ Statt an das Endergebnis zu denken, richte den Fokus nur auf den nächsten kleinen Schritt. Fang an – der Weg entsteht oft erst beim Gehen.

 

Emotionsregulation als Schlüssel

 

Hinter dem Aufschieben steckt oft nicht fehlende Disziplin, sondern der Versuch, unangenehme Gefühle zu vermeiden. Je besser wir lernen, mit diesen Emotionen umzugehen, desto leichter fällt es, ins Tun zu kommen.

 

Es gibt verschiedene Methoden, um mit den unangenehmen Gefühlen hinter dem Aufschieben umzugehen. Neben kognitiven Ansätzen wie dem ABC-Modell oder Reframing können auch körperorientierte Methoden (Embodiment) helfen, den Umgang mit Widerstand und innerer Anspannung zu erleichtern.


Eine weitere Möglichkeit ist die folgende Übung, die aus der achtsamkeitsbasierten Beratung und der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) stammt:

 

Übung: Die Welle der Emotionen reiten

  1. Vorbereitung: Wähle eine Aufgabe, die du aufschiebst, und stelle einen Timer auf 5–10 Minuten. Dein Ziel ist nicht, die Aufgabe zu beenden – sondern einfach wahrzunehmen, was in dir vorgeht.

  2. Gefühle beobachten: Setze dich vor deine Aufgabe und spüre in dich hinein. Welche Gedanken und Emotionen tauchen auf? Widerstand, Frust, Angst?

  3. Die Welle wahrnehmen: Stell dir dein unangenehmes Gefühl wie eine Welle vor: Es baut sich auf, erreicht einen Höhepunkt und ebbt dann wieder ab. Widerstehe dem Impuls, die Welle zu unterdrücken – beobachte einfach, wie sie kommt und geht.

  4. Akzeptanz kultivieren: Sage dir innerlich: „Es ist okay, dass ich mich gerade so fühle. Dieses Gefühl geht vorüber.“ Bleib bei der Aufgabe, auch wenn du nichts tust – spüre einfach, was passiert.

  5. Abschluss: Nach Ablauf der Zeit: Hat sich etwas verändert? Vielleicht fühlt sich die Aufgabe jetzt etwas weniger bedrohlich an. Vielleicht ist der Druck gesunken. Und wer weiß – vielleicht magst du einfach weitermachen.

Diese Übung klingt vielleicht simpel, kann aber herausfordernd sein – besonders, wenn wir gewohnt sind, unangenehmen Gefühlen aus dem Weg zu gehen. Doch es lohnt sich dranzubleiben - mit der Zeit lernen wir so, unseren Emotionen mit mehr Gelassenheit zu begegnen. Und nach und nach können wir dem ersten Fluchtversuch immer besser widerstehen und mit einer unliebsamen Aufgabe beginnen. Und wenn diese Anfangshürde geschafft ist, kommt der Rest oft fast von alleine.


Welche Methoden hast du schon ausprobiert und welche helfen dir, mit Aufschiebeverhalten umzugehen?